15. April 2010

Kohlhaasenjagd



Da standen diese Woche zwei leibhaftige Bundesrichter selber vor Gericht. In Bellinzona vor dem erstinstanzlichen Bundesstrafgericht. Nicht als Angeklagte natürlich, sondern als Zeugen, und irgendwie auch als Ankläger. Angeklagt war einer, der an Kleists Kohlhaas erinnert. Der sich wie dieser aus einer Art Gerechtigkeitswahn mit Justiz und Obrigkeit quer legte, dabei das Gesetz brach und dafür hinter Schloss und Riegel kam.

Weil er in seinem Kampf auch zwei Bundesrichter beschimpft, zum Rücktritt aufgefordert und ganz übel belästigt hatte, klagte die Bundesanwaltschaft Michael Kohlhaas wegen Nötigung an und verlangte, dass ihm eine zusätzliche Freiheitsstrafe von hundert Tagen aufgebrummt werde. Doch der Haas entging seinen Jägern, zumindest vor erster Instanz in Bellinzona: Das Bundesstrafgericht sprach ihn gestern von Schuld und Strafe frei. Eine Blamage für die zwei Richter, die mit mehr Augenmass und weniger Aufgeregtheit zu vermeiden gewesen wäre.

Wird die ganze Sache nun auch noch ans höchste Gericht weiter gezogen, droht dem Fehlschuss ein Rohrkrepierer zu folgen. Denn die nächste Runde in Lausanne würde für die zwei Bundesrichter keineswegs zum vorweg gewonnen Heimspiel. Entweder bestätigt das Bundesgericht den Freispruch für Kohlhaas und verdoppelt so die Blamage der Justiz. Oder aber es findet ein Haar in der Suppe aus Bellinzona und manövriert sich damit unvermeidlich in die Rolle des schlechten Verlierers und Richters in eigener Sache.

Fazit: Man soll nicht mit Kanonen auf auf Haasen schiessen. Oder waren das Spaatzen?
fel.

PS: Doch auch Kohlhaas selbst hat in diesem Spiel ein Eigengoal geschossen: Rücktrittsforderungen, und seien sie noch so berechtigt, verstärken bei Richtern die Ausdauer im Amt.

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